Handglocken und Chimes

 

Glockenaufstellung

Halbtonweise geordnet liegen die 62 Glocken auf den in U-Form aufgestellten, mit Schaumstoff gepolsterten Tischen. Die tiefsten Glocken befinden sich rechts vom Chorleiter, die höchsten auf der anderen Seite. Der Übersicht halber werden sie in etwa so angeordnet, wie auch die Klaviertastatur aussieht: In einer Reihe nah am Spieler die Glocken mit weißen Griffen, dazwischen in einer 2., hinteren Reihe die Halbtonglocken mit schwarzen Griffen.

Handglockenaufstellung

 

Spielweise

Beim normalen Spiel ("Ring") werden die Glocken am Griff mit der Öffnung nach oben aufgenommen und schnell vom Körper wegbewegt, wobei der Klöppel anschlägt. In einer Kreisbewegung wird die Glocke nun, je nach Notenwert schneller oder langsamer, an den Körper zurückgeführt und abgedämpft. Wichtig ist dabei, dass im richtigen Augenblick die richtige Glocke mit der richtigen Lautstärke und Technik angeschlagen wird.
Damit die Bronzeglocken nicht so schnell oxidieren, keine Fingerabdrücke auf dem nicht-lackierten Metall zurückbleiben und die Glocken fester in der Hand liegen, tragen die Spielerinnen und Spieler weiße Baumwoll-Handschuhe mit gummierten Noppen.

 

Zusammenspiel

Stellen Sie sich vor, an einem Klavier säßen 15 Spieler, von denen jeder für 2-5 Tasten zuständig wäre und die gemeinsam ein Stück spielten. So ähnlich funktioniert ein Handglockenchor: Im Prinzip spielen alle zusammen ein einziges Instrument. Erst das Zusammenspiel aller ergibt die Melodie. Dies erfordert höchste Konzentration. Teamwork ist angesagt. Zwar muss jeder sehr genau auf alle anderen hören, muss jedoch eigenständig seinen eigenen Einsatz wahrnehmen. Man darf sich nicht irritieren lassen, wenn es bei Mitspielern zu Fehlern kommt, ein Ton, an dem man sich orientiert, nicht erklingt etc.
Fehlt eine Spielerin oder ein Spieler, so fallen die von ihr oder ihm zu spielenden Töne aus, Löcher entstehen im Stück. Aus diesem Grund müssen möglichst alle zur Probe erscheinen. Nur bei einigen Stücken sind 1 oder 2 Spieler nicht im Einsatz, so dass sie im Notfall einspringen könnten. Im Konzert müssen einfach alle da sein! Zuverlässigkeit ist unerlässlich.
Alleine zu Hause zu üben, ist nur eingeschränkt möglich. Als Vorbereitung kann man sich allenfalls die Partitur zu Gemüte führen, den Blick für die eigenen Noten schärfen, sich schwierige Stellen und schnelle Glockenwechsel im Geiste vorstellen oder die Bewegung ohne Glocken durchführen.

 

Glockenzuteilung und Notenmarkierung

Jeder Spieler bekommt einen "Platz" und damit bestimmte Glocken zugewiesen, für die er bei dem jeweiligen Stück verantwortlich ist. In der Regel sind es 2 - 5 Glocken. Anfänger teilen sich manchmal einen Platz, so dass sie sich auf eine oder zwei Glocken konzentrieren können.

Die meisten Spielerinnen und Spieler bevorzugen einen bestimmten Bereich der Tonhöhe, innerhalb dessen je nach Musikstück unterschiedliche Glocken gespielt werden. Die Unterschiede in der Handhabung, der Verzögerung zwischen dem Beginn der Bewegung und dem tatsächlichen Erklingen des Tones sind sehr groß: Kleine Glocken reagieren sofort, während größere Glocken einige Zeit vorher in Bewegung gesetzt werden müssen, ehe der Klöppel die Glocke berührt. Erst die Erfahrung bringt Sicherheit im Spiel.

In der Anfangsphase des Glockenchores markierte sich jeder Spieler "seine" Töne selbst, umkringelte sie oder schrieb sich andere Hinweise in die Noten, z.B. wann eine Glocke abzulegen und eine andere Glocke aufzunehmen ist. Für den Anfänger ist es sehr hilfreich, schon ein paar Takte im voraus erkennen zu können, wann welche Glocke wie zu spielen ist, und nicht plötzlich davon überrascht zu werden, wenn die eigene Note im Takt auftaucht. Als der Chor Fortschritte machte und man sich daran gewöhnte, "linienweise" die Noten zu lesen, verzichteten immer mehr Spieler auf durchgehende Markierungen. Doch im Sommer 2001 brachte Christiane Mohn von einer Handbell-Master-Class in den USA eine neue Markierungsweise mit. Selbst die fortgeschrittenen Spieler malten dort ihre Noten in bunten Farben an.

Notenzeile mit Markierungen

Hier ein Beispiel für Platz 2, Glocken Es 4, E 4, F 4 und Fis 4:
Mit grüner Farbe werden Dynamik-Anweisungen hervorgehoben. Rot markierte Noten werden mit der Glocke in der rechten Hand, blau markierte Noten mit der Glocke in der linken Hand gespielt. In diesem Beispiel muss am Ende des Taktes 60 das E 4 aus der Hand gelegt und statt dessen das Fis 4 aufgenommen werden, das im Takt 61 zum Einsatz kommt. Entgegen der allgemeinen Praxis, in der rechten Hand die höhere Glocke zu halten, muss hier das Fis in die linke Hand genommen werden, um nicht in Windeseile die Glocken einmal durchtauschen zu müssen. Wichtig ist, dass der Spieler im Überblick behält, welche Glocke gerade in welcher Hand liegt.

 

Klang der Glocken

Die Glocke ist ein Musikinstrument, von dem nur ein einziger Ton oder, richtiger gesagt, ein einziges Tongemisch ausgeht [1], ein reiner, fast sphärisch schwebender Klang. Er entfaltet eine elementare und zugleich tiefpoetische Wirkung auf das menschliche Gemüt, die auf den klaren metallischen Ton beim Klöppelanschlag (Schlagton) und die vielen ihn begleitenden Klangkomponenten zurückzuführen ist. Der unbefangene Hörer nimmt den Klang in seiner Gesamtheit wahr, für ihn überwiegt der Eindruck eines starken Tons, nicht der eines vielschichtigen Klangs [2].
Das gesamte Tongemisch einer Kirchen-Glocke kann man in zwei Teile zerlegen, den Prinzipalbereich (Unteroktave bzw. Basston, Prim, Terz, Quinte, Oberoktave, Schlagton bzw. Haupt- oder Melodieton) und den Mixturbereich, also den Grundklang und den Oberklang. Gerade die Obertöne geben der Glocke ihr besonderes Gepräge und Leben, ihren beseelten Klang. Das mehr oder weniger gute Verhältnis der Teiltöne zueinander bestimmt die Klangqualität einer Glocke. Sehr deutlich ist auch für ungeübte Ohren die Mollterz zu hören, am längsten klingt die Unteroktave nach [3]. Handglocken erzeugen weit weniger Obertöne als Läuteglocken. Ist der Klöppel auf "Filz" eingestellt, so sind kaum noch Obertöne zu vernehmen. Dennoch sind Menschen mit absolutem Gehör manchmal von den mitschwingenden Obertönen im Handglockenklang verwirrt. Von Chimes (Tonstäben), die in einigen Stücken die Glocken begleiten, gehen kaum Obertöne aus. Ihr Klang ist warm, voll und grundtönig.
Der Glockenklang ist u.a. von der Kontaktzeit des Klöppels und der Wandstärke der Glocke abhängig. Bei geringerer Stärke klingen Grundton und tiefe Obertöne kräftiger und länger nach als bei dickerwandigeren Glocken. Die Glocke vibriert am meisten am Rand (Klangbogen) und ist im Mittelpunkt (Scheitel) tot [4].

[1] Ellerhorst, W., 1957: Handbuch der Glockenkunde, Weingarten, S. 169
[2] Wagner, G. D., 1986: Glockenklang und Harmonie. In: Beratungsausschuß für das Deutsche Glockenwesen (Hrsg.): Glocken in Geschichte und Gegenwart - Beiträge zur Glockenkunde, Karlsruhe, S. 73
[3] Waak, K.-F., 2001: Die geschichtliche Entwicklung der Glocke. In: Bergmeier, H. (Hrsg.), 2001: Glockenkonzert Hoc donum, Llorenc Barber in Hannover 2001
[4] Midgeley, R. et al., 1979: Musikinstrumente der Welt, S.100
 

Glockentyp

Die Glocken, mit denen wir spielen (Malmark, USA), sowie die Handglocken der Firmen Schulmerich (USA) und Whitechapel (England) werden auch 'Englische Handglocken' genannt, was sich z.B. in der Bezeichnung der amerikanischen Handglockenspieler-Vereinigung 'American Guild of English Handbell Ringers' (AGEHR) niederschlägt. Das Wort 'Englisch' bezieht sich dabei weder -wie man zunächst denken könnte- auf das Ursprungs- noch auf das Herstellungsland der Handglocken.

Gocke von InnenVielmehr zeichnen sich 'Englische Handglocken' im Vergleich zu anderen Handglocken (z.B. von der Firma Petit & Fritsen) durch einen besonderen Klöppelmechanismus und einen bestimmten dominierenden Oberton aus:
Ihr Klöppel 'steht' im ruhenden Zustand in der Mitte der Glocke aufrecht. Wird er angeschlagen, so kann er nur einer einzigen festgelegten Bewegungsachse folgen, d.h. den Glockenkörper nur an 2 gegenüberliegenden Punkten berühren (Bruce Allured, Handbell-L vom 24.08.2002). Bei anderen Glockentypen hingegen, die nicht zu den 'Englischen Handglocken' gehören, wird die Bewegungsrichtung des Klöppels nicht dermaßen eingeschränkt (Monica McGowan, Handbell-L vom 24.8.2002).

 

Darüber hinaus ist der dominierende Oberton der Englischen Handglocken die große Duodecime, während bei den Handglocken der Firma Petit & Fritsen beispielsweise die kleine Decime der deutlichste und hervorstechendste Oberton ist.

(Helmut R. Litfin, Handbell-L vom 24.08.2002).
 

Gewicht und Größe der Glocken

Unsere derzeit größte Glocke (C3) wiegt ca. 3,8 kg, die Kleinste (C8) 214g.

 

Chimes

ChimeChimes sind Tonstäbe, die das Spiel der Handglocken ergänzen oder auch alleine gespielt werden. Da sie unempfindlicher und einfacher zu spielen sind als Handglocken, beginnen Anfänger, insbesondere Kinder, häufig mit Chimes.

 

Powered by CMSimple | Template Design by NMuD | FotoBox-Plugin by ge-webdesign | Login